Aufstieg geschafft!


So hatten wir uns das vorgestellt: Ein sonniger Nachmittag im Bergischen Land, wir packen einen Doppelachserbus und wir verwandeln die Sporthalle in ein rot-weißes Meer aus Fahnen, Trikots und Fanschals und: wir steigen auf! Das Ziel ist erreicht. Und wie. Als Hanjo den Bus um 12:30 vom Neuroder Platz fuhr, war die Stimmung schon prima. Wir hatten ja alles erledigt, was Fans so mitnehmen müssen: Trommeln und Pauken, gute Laune, Sekt in Kühltaschen. Jetzt musste nur noch ein Sieg gegen den TuS Wesseling her.
Foto: S1 vor dem Spiel / Schittkowski

von Jochen Schittkowski Frage im Bus: „Was wünschen wir uns?“ Antwort: „Ein gutes Spiel.“ Schnelle Rückantwort: „Qutasch, wir wünschen uns einen Sieg, egal wie, am besten natürlich mit einem guten Spiel.“ Soviel zur Spielphilosophie der mitgereisten „Trainer“. Vor dem Spiel hatte ich Gelegenheit, die Trainer Martin Kamphuis und Thomas Lipperheide zu interviewen. Hier das Ergebnis: Jochen Schittkowski (JS): Wann war der SKC nicht erstklassig? Thomas Lipperheide (TL): insgesamt vier Jahre lang, zuerst 2 Jahre in der Verbandliga, da spielte ich noch beim SKC, danach gelang der Aufstieg, und dann noch einmal die letzten beiden Jahre JS: Ist der Modus richtig, dass die beiden Erstplazierten der Liga noch ein Entscheidungsspiel ausführen müssen? Wenn es nach der Tabelle ginge, wäre der SKC ja heute schon Erster und Aufsteiger TL: Im Prinzip in Ordnung, wenn man sieht, welche Spannung z.B. in der Regionalliga entsteht, wenn es um Meisterschaft und Abstieg geht, kann man das auch zum Aufstieg in die Regionalliga machen. Mit einem Grinsen: man sollte sich aber überlegen, warum diese Spiele immer im Rheinland sind. Selm hatte sich ja für dieses Spiel auch beworben. Martin Kamphuis (MK): Nach meiner Erfahrung kann das entfallen. Im letzten Jahr waren wir auch Tabellenführer, zwar punktgleich, aber mit einem besseren Korbverhältnis. Und wir haben das Entscheidungsspiel gegen Pegasus verloren. Und in diesem Jahr wieder, wir haben das bessere Korbverhältnis und müssen wieder in ein Entscheidungsspiel. Wenn es nach mir ginge, schaffen wir das ab, dann hätten wir im letzten Jahr schon erstklassig gespielt. JS: Warum gibt es in Deutschalnd in letzten 15 Jahren nur zwei Mannschaften, die Meister geworden sind? TL: Ich glaube, das hängt mit der Nachwuchsarbeit zusammen. Aber das ändert sich jetzt, andere Vereine holen mit guter Nachwuchsarbeit mächtig auf. Unsere Spieler der ersten Mannschaft haben bei uns in der F-Jugend begonnen und diese Erfahrungen machen sich jetzt bezahlt. JS: Warum braucht die Regionalliga den SKC MK: weil wir im Moment den besten Korfball spielen, weil wir wirklich Korfball spielen. Ich komme aus Holland und kann das beurteilen. Unser komplettes Spiel hat sich geändert. Und deswegen glaube ich auch, dass wir eine gute Zugabe sind für die Regionalliga TL: Andersherum geht das auch: Die Regionalliga braucht den Schweriner KC. Wir haben so viele gute und junge Spieler, die in den Nationalmannschaften spielen, dass es zu schade wäre, müsste wir noch einmal in der Oberliga spielen. MK: Unsere Spieler brauchen mehr Spiele, in denen sie mehr gefordert sind, als in der Oberliga JS: Mit welchem Trainergespann geht der SKC in die nächste Saison? TL: mit uns beiden MK: ich habe gesagt: wenn wir nicht aufsteigen, wird es schwer für mich. In der Oberliga gewinnen wir von 14 Spielen 12 oder 13 und steigen dann nicht auf, das ist schwer für mich Aber der Verein ist mit sehr ans Herz gewachsen. Ich gehe davon aus, dass ich noch bleibe. JS: Wer hat bessere Fans als der SKC? TL: grins: keiner JS: Wenn im nächsten Jahr in der Regionalliga der Selmer KV gegen den Schweriner KC spielt, was machst du dann? Wie schlägt denn dann dein Herz? (Anmerkung: Thomas Lipperheide ist Spieler beim Selmer KV und Trainer beim Schweriner KC) TL: Ich sag es mal wie Felix Magath: Ich wechsele zwar den Verein, aber in den restlichen Pflichtspielen muss ich alles geben, oder anders: für die beiden Pflichtspiele muss dann die Freundschaft mal ruhen JS: mit welcher Formation start der SKC gleich gegen den Tus Wesseling MK: wir starten mit in ersten Feld mit: Lennart Schwirtz, Benedikt Edler, Susanne Alberts, Nicole Sprengel und im zweiten Feld mit: Stefan Halberstadt, Lukas Edler, Karen Fuchs, Verena Zappe JS: danke für die Antworten und viel Erfolg in einer halben Stunde. Schiedsrichter Martin Schwarze (Adler Rauxel) pfiff die Partie pünktlich um 15:30 Uhr an. Aus dem Bericht des Chronisten der Korfball.de-Seite liest sich Folgendes: Am Nachmittag gelang den Schwerinern nach vierjähriger Abstinenz die Rückkehr in die höchste deutsche Korfballliga. Nach der Saison in der Oberliga war der SKC zwar Tabellenführer, aber punktgleich mit dem Zweitplatzierten TuS Wesseling. Beide Mannschaften hatten jeweils auf des Gegners Platz gewinnen können: Wesseling in Castrop-Rauxel mit 13:12, der SKC in Wesseling mit 14:3. So war es nach den Regularien zum Entscheidungsspiel im Rahmen des Westpokals gekommen. Zu Ehren des TuS Schildgen, der in diesem Jahr sein 40jähriges Bestehen feiert, fanden die Spiele des Westpokals in Bergisch-Gladbach statt. Der Schweriner KC setzte sich in einem dramatischen Spiel mit 10 : 8 Körben durch und kann als Sieger im nächsten Jahr in der Regionalliga an den Start gehen. Die Teams ließen folgende Spieler zur Startformation auflaufen: TuS Wesseling: Julia Müller, Therese Inhester, Ines Fritsche, Karena Bertsch Benjamin Rodenbach, Henning Eberhardt, Holger Eberhardt Dennis Bastian Schweriner KC: Lennart Schwirtz, Benedikt Edler, Susanne Alberts, Nicole Sprengel Stefan Halberstadt, Lukas Edler, Karen Fuchs, Verena Zappe Schiedsrichter: Martin Schwarze Das Spiel begann ausgeglichen. Schwerin ging in Führung, Wesseling glich immer wieder aus. Mehr als eine Differenz von einem Korb wollte nicht gelingen, das ging bis zum 4 : 4 so. Nach 10 Minuten wurde festegestellt: Schwerin hatte mehr Spielanteile, konnte aber diese Ballüberlegenheit nicht umsetzen. Dem Gegenüber brauchten die Rheinländer nur wenige Korbwürfe, die allesamt zu Treffern führten. Ein kurzer Rückblick sei erlaubt und wichtig: Die Brisanz des Spieles zeigte sich in der kürzesten Historie: Im Jahr 2005 standen sich die beiden Mannschaften mit gleichem Ziel gegenüber: Als Sieger der damaligen Landesligen Rheinland und Westfalen spielten der TuS Wesseling und der Schweriner KC gegeneinander, der Sieger sollte in damals höchst deutsche Korfballiga „Verbandsliga“ aufsteigen. Vor vier Jahren gelang dies dem TuS Wesseling. Wesseling stieg im letzten Jahr aus der Regionalliga ab, Schwerin verpasste den Aufstieg durch eine Niederlage im Entscheidungsspiel gegen SG Pegasus mit nur einem Korb Differenz. Spannende Erkenntnis: Trainer des SG Pegasus ist Henning Eberhardt, heute wichtiger Spieler beim TuS Wesseling. Dem 5:4 durch Karen Fuchs folgte eine tolle Kombination zwischen Stefan Halberstadt und Lukas Edler, die zum 6:4 führte. Zum ersten Mal führte Schwerin mit 2 Körben. 3 Minuten vor der Halbzeit erhöhte Susanne Alberts zum Halbzeitstand von 7:4 für Schwerin Damit war aber noch keine Vorentscheidung gefallen. Die ersten 10 Minuten der zweiten Spielhälfte gelang beiden Teams kein Treffer. Diese Phase konnte die Entscheidung bringen: schließt Wesseling auf oder kann Schwerin mit zwei, drei Körben eine Vorentscheidung herbeiführen? Das Spiel wurde konzentriert geführt. Eine Schlüsselpaarung des Spiels aus der Sicht des Sicht des Chronisten: Die Duelle Henning Eberhardt und Lennart Schwirtz waren erstligareif. Eberhardt gelangen trotz guter Abwehrarbeit seines Bewachers immer wieder gefährliche Weitwürfe, aber auch Schwirtz kam das eine oder andere Mal auch zu guten Würfen. Der wichtigste gelang 20 Minuten vor Schluss: Lennart Schwirtz traf zum 8:4. 4-Körbe-Vorsprung! Die westfälische Euphorie wurde postwendend durch die rheinländischen Anschlusstreffer zum 6:8 gebremst. Das Spiel war wieder offen und wurde zum Spielende immer spannender: Schwerin erhöht auf 9:6, Wesseling verkürzt nicht nur auf 7:9, sondern erhielt von Referee Martin Schwarze auch noch einen Strafwurf. Dessen Rechtmäßigkeit sahen die Schweriner Fans auf der Tribune natürlich gar nicht ein. Die Halle tobte. Die Pauken auf Wesselinger und Schweriner Seite lieferten sich Trommelduelle, die an schmerzhafte Dezibelzahlen reichte. Das Bergische Land erlebte Korfballstimmung von seiner besten Seite. Wesseling verkürzte auf 8:9, noch 7 Minuten zu spielen. Noch 4:22 Minuten zu spielen, die Gerechtigkeit nimmt ihren Lauf: Strafwurf für Schwerin, Karen Fuchs verwirft! Den Fehler machte sie aber 3 Minuten später wett: Durch ihren grandiosen Treffer zum 10:8 – dies 1:30 Minuten vor Schluss – war die Entscheidung gefallen. Für Wesseling galt in den verbleibenden Sekunden: werfen statt spielen. Bei jedem Weitwurf von Henning Eberhardt stockte den Westfalen der Atem. Aber die Zeit reichte für eine Wende nicht mehr. Nach zwei hintereinanderfolgenden Jahren in der 2.Liga steigt der Schweriner KC 2009 in die Regionalliga auf. Soweit die neutrale Berichterstattung. Emotionen sind schwerlich in Worte zu fassen. Erinnern wir uns: Dieses Procedere hatten wir ja im letzten Jahr auch schon hinter uns: Tabellenführer (!) und im entscheidenden Spiel gegen Pegasus mit einem Korb Differenz verloren! Oder noch schlimmer: das erste Spiel gegen Wesseling in dieser Saison: Immer geführt und in der Schlusssekunde wirft Wesseling den Siegkorb. Wäre das nicht passiert, hätten wir heute alle nicht nach Bergisch-Gladbach reisen müssen, dann wären wir nämlich klarer Tabellenführer gewesen und hätten als Aufsteiger festgestanden. Man könnte meinen, dass dem SKC in den letzten Minuten und im entscheidenden Augenblick das Glück verlässt. Und heute fast wieder: Vier Körbe Vorsprung und dann 7 Minuten vor Abpfiff kommt Wesseling bis auf einen Korb heran – und wir verwerfen da einen Strafwurf. Da bricht einem auf der Tribüne und am Spielfeldrand der Schweiß aus, da muss die Trommelhaut büßen, einer muss ja Schuld sein, also die ganze aufgestaute Fanaggressivität in den Trommelstock. "Haut drauf, was das Zeug hält." Als wenn die Trommlergruppe mithelfen wollte, den Vorsprung zu verteidigen… Der Korb zum 10 : 8 , 90 Sekunden vor Schluss, war nicht nur die Erlösung in diesem Spiel, sondern das Ende des „Leidensweges“ der letzten zwei Jahre.

Foto: S1 Humba, humba täterääää / Halberstadt Am Ende sangen die Fans „Humba, humba, täterääää," westfälischer Karneval in Bergisch-Gladbach. Das Transparent.“Herzlichen Glückwunsch SKC“ war 8 m lang !! Endlich konnten wir es ausrollen. Das Ziel ist erreicht, der SKC hat dafür eine lange Vorbereitung absolviert. Der Dank gilt den Verantwortlichen für die Bereitschaft zur Investition, den Trainern, den Spielern, und den besten Fans der Liga! Die jedenfalls haben die Reife für die erste Liga bewiesen. Da kann nichts schief gehen. Sportlich habe ich auch keine Angst. Natürlich müssen wir da ein „Schüppchen“ drauflegen. Wahrscheinlich sogar zwei!! Aber: wir haben ja noch Zeit und unsere Mannschaft ist jung und hungrig: die beste Kombination, um in der Regionalliga bestehen zu können. Meine Sorgen sind an anderer Stelle viel größer: Hoffentlich kommen die Funktionäre nicht auf die Idee, die Dezibelzahl von Pauken zu begrenzen. Herzlichen Glückwunsch SKC Jochen Schittkowski

Quelle: S1Autor: Jochen SchittkowskiVeröffentlicht am: 10.05.2009

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